Das Minimum ist nicht genug. Wir fordern den Rücktritt der Frauenministerin Dr. Susanne Raab, die Frauen nicht ernsthaft vertreten will!
Frauenministerin Raab muss endlich Rückgrat zeigen und ihrer Position gerecht werden!
Wir haben ein Problem. Das Problem ist nicht neu und es ist auch nicht kompliziert zu verstehen. Es heißt Patriarchat und gerade Frauenministerin Raab sollte sich dieses Problems bewusst sein, es erkennen, wenn es offen vor ihr liegt, und entschieden dagegen ankämpfen. Schließlich ist das ihr Job als Frauenministerin. Leider vermissen wir von der Ministerin schmerzlich Rückgrat, Anteilnahme und wirksames Handeln.
Wir als ≠igfem haben anlässlich des Equal Pension Day im August einen Brief an Ministerin Raab geschrieben, in dem wir die Pensionspolitik anprangern und auf die noch immer eklatanten Unterschiede in den Verdiensten und der Pensionsversorgung von Frauen hinweisen. Als Antwort haben wir rund zwei Monate später ein Mail erhalten, in dem uns lediglich bereits bekannte Fakten mitgeteilt wurden: “Der überwiegende Teil der Pensionslücke ist durch die niedrigeren Erwerbseinkommen verursacht. Die kürzere Versicherungsdauer der Frauen hat den zweitgrößten Einfluss.” Mit dem Equal Pay Day haben wir am 31. Oktober auch gerade den Punkt im Jahr erreicht, an dem Männer schon jenes Einkommen erreicht haben, für das Frauen noch bis Ende des Jahres arbeiten.
Das sind doch alles keine neuen Informationen! Genau diese Punkte haben wir in unserem Brief ja kritisiert. Wir freuen uns, dass jetzt auch das Ministerium von Ministerin Raab die Problemstellung erkannt hat. Eine weitere Analyse des Status quo hat es nicht gebraucht, zielorientierte Maßnahmen allerdings schon. Die wurden von Ministerin Raab gesetzt, indem Broschüren und Folder für unterschiedliche Altersgruppen, Informationsvideos sowie Informationspostkarten produziert wurden. So wurde die Verantwortung einmal mehr auf die einzelnen Frauen abgewälzt und die Ministerin hat sich aus der strukturellen Verantwortung gezogen. Auch zum Equal Pay Day vermissten wir schmerzlich raumgreifende Aktionen.
Wir können nicht sagen, dass uns das überrascht. Die #Burgergate Aussagen von Bundeskanzler Nehammer waren hochgradig frauenfeindlich und klassistisch. Dass Ministerin Raab Kanzler Nehammer in dieser Sache auch noch in Schutz genommen hat, anstatt lautstark zu protestieren, grenzt an Hohn. Aber es reißt ja nicht ab: Die fehlende Stellungnahme zu den Femiziden in Österreich ist nur ein weiteres Beispiel der Unzulänglichkeit von Frau Raab in Bezug auf ihre Verantwortung als Frauenministerin. Wieviele Frauen müssen noch sterben, bis eine wahre Frauenministerin, die sich Feministin nennen will, etwas unternimmt? Selbst wenn es nicht zum Äußersten kommt: Die Anzeige- und Verurteilungsraten bei Gewalt gegen Frauen sind noch immer beschämend gering. Wann steht Frau Raab endlich auf und unternimmt aktiv etwas gegen die Frauenfeindlichkeit in unserer Gesellschaft?
Aber Frauenfeindlichkeit und Gewalt gegen Frauen beginnen nicht erst bei Handgreiflichkeiten im Job oder im öffentlichen Raum, bei physischer und psychischer Gewalt in Beziehungen und in der schlimmsten Ausprägung bei Femiziden.
Die Benachteiligung von Frauen beginnt schon in der fehlenden feministischen Agenda in der Schule, um eine Sensibilisierung der Buben zu fördern und das Selbstbewusstsein der Mädchen zu stärken. Frauenfeindlichkeit steckt schon in unterschiedlichen Bekleidungsregeln für Mädchen und Buben in der Schule, sie findet sich bei unterschiedlicher Behandlung in medizinischer Betreuung, sie wirkt sich bei fehlenden Betreuungsplätzen aus, sie zeigt sich in der unfairen Verteilung der unbezahlten Care-Arbeit (Haushalt, Pflege von Familienmitgliedern, Erziehung, etc.), sie wird offensichtlich bei der Unterrepräsentation in Führungspositionen (auch in der Politik). Frauenfeindlichkeit findet sich in den von der Regierung ausgehöhlten Mütterrechten, Maßnahmen, die Frauen die Pensionen halbieren und Frauen in die Armut zwingen. Die Benachteiligung beginnt schon bei fehlenden rechtlichen Grundlagen, um den Gender Pay Gap zu schließen – wenn die Strukturen geschaffen werden, in denen Frauen gleichberechtigt agieren können, weil sie gleichberechtigt verdienen, dann sind sicher auch Informationsvideos und Broschüren zur Veranlagung des Geldes sinnvoll.
Die Interessensgemeinschaft Feministische Autorinnen setzt sich für Frauen in der Kunst- und Kulturszene ein, die unter patriarchalen Strukturen und prekären Arbeitsbedingungen leiden. Laut dem Rechnungshofbericht 2020 liegt der Gender Wage Gap in diesem Bereich bei 49,6%, was den Gesamtdurchschnitt von 36,4% übersteigt. Frauen arbeiten aufgrund fehlender Betreuungsmöglichkeiten und des Gender Pay Gaps oft in Teilzeit, wodurch sie zusätzlich zu ihrer unbezahlten Care-Arbeit in der Familie belastet sind. Die unvermeidlichen Strukturen in Kunst und Kultur erfordern flexible Betreuungsoptionen außerhalb der üblichen Arbeitszeiten. Frauen leisten außerdem auch vermehrt unbezahlte und unterbezahlte Arbeit in diesem Bereich. In den vorhandenen Machtstrukturen sind Führungspositionen in der Kunstszene männlich dominiert, die eingewachsenen patriarchalen Strukturen sehen keine Notwendigkeit und zeigen keine Bereitschaft zur Verbesserung für Frauen.
Wir als Interessensgemeinschaft Feministische Autorinnen müssen einmal mehr darauf hinweisen, dass das, was getan wird, einfach nicht ausreichend ist. Wir arbeiten aktiv daran, dass zumindest in der Literaturszene eine Förderung für Frauen stattfindet, dass Mädchen und Buben in der Schule auch Werke von Frauen lesen, die bisher aus dem Lehrplan verbannt wurden. Wir erhöhen die Sichtbarkeit von Frauen im Literaturbetrieb und unterstützen Autorinnen dabei, ihre Stimme in der Gesellschaft zu finden und sich Gehör zu verschaffen. Dafür sind wir dramatisch unterfinanziert, dafür bräuchten wir dringend umfangreiche Unterstützung von der Frauenministerin, auf die wir bis heute warten.
Aber wir können nicht an allen strukturellen Ecken und Enden mitkämpfen. Dafür gibt es die Frauenministerin, die auf politischer Ebene für die Gleichstellung von Frauen in unserer Gesellschaft zuständig ist. Eine geringfügige Budgeterhöhung für ein ohnehin geringfügiges Budget wird absolut keine Verbesserung für Frauen mit sich bringen. Das aktuelle Budget für Frauen beträgt noch immer nur 0,027% vom Gesamtbudget, erfolgreiche Erhöhung in Raabs Amtszeit hin oder her.
Im Antwortmail an uns findet sich die Behauptung, dass die “Gleichstellung in allen Lebensbereichen ein wichtiges Anliegen der Frauenministerin” sei. Das ist das absolute Minimum als Frauenministerin. Und das absolute Minimum ist einfach nicht genug.
Gerlinde Hacker
Präsidentin der ≠igfem