#MeToo-Arbeitsgruppe

Jede 5. Frau in Österreich ist körperlicher und/oder sexueller Gewalt, jede 3. sexueller Belästigung ausgesetzt. 2021 wurden in Österreich 29 Morde an Frauen von (Ex-)Partnern oder Familienmitgliedern verübt. Im Jahr 2022 verzeichnet die polizeiliche Kriminalstatistik bereits 25 Opfer von Femiziden! Damit ist Österreich das einzige EU-Mitgliedsland, in dem mehr Frauen als Männer ermordet werden. Die Covid-19-Pandemie hat den Anstieg von Gewalt gegen Frauen nicht nur in die Höhe getrieben – so nahm die österreichweite Frauen-Helpline gegen Gewalt im Frühling 2020 um 70% mehr Anrufe als in denselben Monaten des Vorjahres entgegen – sondern erschwert es den Betroffenen durch die aus ihr resultierende ökonomische Krise und der durch diese bedingte Abhängigkeit von den Tätern, einen Ausweg aus der Gewalt zu finden.

Der Zuspitzung patriarchaler Gewalt zum Trotz ist diese nach wie vor ein tabuisiertes Thema, das im öffentlichen Diskurs kaum präsent ist. Auch seitens der österreichischen Politik sind konkrete Maßnahmen zum Schutz von Frauen und Mädchen vor dieser zu vermissen. Als Interessensgemeinschaft feministischer Autorinnen sind wir davon überzeugt, dass Gewalt gegen Frauen als ein strukturelles Problem erkannt und behandelt werden muss. Folglich besteht eines unserer Kernprojekte für das Jahr 2023 in der Erstellung eines Leitfadens für die Prävention von bzw. den Umgang mit (sexualisierter) Gewalt und Machtmissbrauch für literarische Organisationen und Vereine. Darüber hinaus richten wir eine Erstinformationsstelle für betroffene Frauen speziell im Literaturbetrieb ein, an welche sich diese informell und vertrauensvoll wenden können, um auf diese Weise ein niederschwelliges Gesprächs- und Unterstützungsangebot zu schaffen.

Ebenso ist es essenziell, weibliche Perspektiven im öffentlichen Diskurs sicht- und hörbar zu machen. Literatur kann hierzu einen entscheidenden Beitrag leisten. Geschichten erzählen den Lesenden, was sie sein und werden können in der Welt. Texte, die Frauen in stereotypen Bildern porträtieren sowie die Abwertung weiblicher Themen, Sichtweisen und Anliegen durch die Literaturkritik schaffen einen Nährboden für strukturelle Misogynie, welche sich in verbalen wie physischen Übergriffen konkretisiert. Im Umkehrschluss ermöglicht es uns Literatur aber auch, uns selbst neu zu entwerfen, verdrängte Geschichten zu erzählen und patriarchale Konventionen zu überwinden, lässt uns neue Perspektiven einnehmen. Die Verhinderung von Gewalt gegen Frauen fängt in der Sprache an – einer Sprache, welche nicht unreflektiert übernommen wird und nicht beständig die gleiche patriarchale Erzählung wiedergibt, sondern Lebensrealitäten und -möglichkeiten von Frauen in den Blick nimmt und einem feministischen Narrativ der Gleichberechtigung folgt. Nur wenn dieser Zusammenhang erkannt und benannt wird, können wir uns effektiv für eine Gesellschaft einsetzen, in der es allen möglich ist, gut und sicher zu leben – so, wie wir es in literarischen Entwürfen bereits jetzt imaginieren können.

Zur Erreichung dieses Ziels bedarf es einer feministischen Agenda in Literatur, Politik und Öffentlichkeit, wie sie ≠igfem vertritt. Wir setzen uns für die Förderung von feministischen Autorinnen, Aktionen und Haltungen ein und sehen unsere Aufgabe darin, auf die Diskriminierung von Frauen (im Literaturbetrieb) aufmerksam zu machen und aktiv Gegenmaßnahmen zu setzen. Zu diesem Zweck betreiben wir feministische Öffentlichkeitsarbeit, suchen die Kommunikation mit öffentlichen Stellen und fördern die nationale und internationale Vernetzung von Autorinnen in Form von Schreib- und Lektüregruppen, Workshops, Lesungen und anderen Projekten.