Vor-Projekt zur Leseliste

Evelyn Bernadette Mayr: Pilotprojekt in OÖ:

Die schulübergreifende Fortbildung (SCHÜLF) unter dem Titel „Weibliche Autorinnenschaft in der Literaturgeschichte“ ist für den 15.3.2023 angesetzt. Thematisch widmet sie sich an diesem Mittwoch Nachmittag in 4 UE á 50 min der historischen Entwicklungen von weiblicher Autorinnenschaft. Einerseits wird diese mit einem internationalen Fokus der Betrachtungen diskutiert, andererseits konzentriert sich der zentrale Schwerpunkt der literaturgeschichtlichen Auseinandersetzung auf den deutschsprachigen Raum. Inhaltlich werden zum Schluss aktuelle Beispielen und Debatten gezeigt und laden zum Mitdiskutieren ein.

Zum Stöbern und zur Inspiration:
https://diekanon.org/
https://www.fembio.org/

Die Themenbereiche des EPESEP-Projekts

Näheres zum Projekt unter: igfem.eu/project-epesep

Die EPESEP-Partnerinnen-Organisationen

Das Projekt, das durch das EU-Programm Kreatives Europa gefördert wird, zielt darauf ab, die Sichtbarkeit von Schriftstellerinnen in verschiedenen europäischen Ländern zu fördern und stärken, indem ExpertInnen aus verschiedenen Ländern zusammengebracht werden, um die aktuelle Lage zu diskutieren, Herausforderungen zu identifizieren und Strategien für die weitere Entwicklung und Zusammenarbeit in einem kooperativen und partizipativen Ansatz zu entwickeln.

Österreich: ≠igfem ist der führende Partner des EPESEP-Projekts. Es handelt sich um eine gemeinnützige Organisation, die 2019 gegründet wurde und ihren Sitz in Wien, Österreich hat. Der Name ist eine Abkürzung für Interessensgemeinschaft Feministische Autorinnen. Die Kernmissionen von ≠igfem bestehen darin, die Anliegen weiblicher Schriftstellerinnen zu vertreten, gegen sexistisches Unrecht im literarischen Bereich zu kämpfen und professionelle Schulungen für Schriftstellerinnen anzubieten.

Deutschland: Schamrock ist ein internationales Forum für weibliche Dichterinnen. Es wurde 2009 mit der Absicht gegründet, Dichterinnen zu ermutigen, Lesungen, außergewöhnliche Ideen und frische Darbietungsformen mit kreativer Wut und poetischem Elan zu entwickeln.

Niederlande: Das niederländische Schriftstellerkollektiv Fixdit wurde 2019 gegründet. Sie schreiben Lemmas für Handbücher, geben in einer regelmäßigen Kolumne in der Zeitschrift „Nederlandse Boekengids“ Tipps und produzieren Podcasts. Zudem organisieren sie ein Kanonfestival. Sie haben eine Webseite, einen Newsletter, einen Leseklub und veröffentlichten 2022 ein bemerkenswertes Manifest.

Armenien: Die Today Art Initiative (TAI) wurde 2014 gegründet. Ziel der Organisation ist es, zeitgenössische Kunstaktivitäten zu entwickeln und eine Plattform für experimentelle und innovative Kunstpraktiken und -austausch zu schaffen. TAI bietet Möglichkeiten, gesellschaftliche Themen lokal und international zu reflektieren. Ziel des Austauschs und der Residenzen ist es, den Dialog zwischen Kunstschaffenden auf einem größeren Kontextlevel wie Identität, Gemeinschaft und Nationalität zu schaffen. Durch ökologische Kunstinitiativen möchte TAI das Bewusstsein für Umweltprobleme schärfen und nachhaltige Praktiken fördern. Indem Kunst in den Umweltaktivismus integriert wird, strebt TAI an, Einzelpersonen zu inspirieren, aktiv zu werden und positive Veränderungen in ihren Gemeinschaften herbeizuführen.

Das EU Projekt “Gender Pay, Gender Show, Gender Pension” ist genehmigt und startet am 1.1.2024

Der Gender Pay Gap beträgt im österreichischen Kulturbetrieb rund 25%, der unbereinigte GAP 49,6%, das bedeutet, dass das Einkommen von Frauen, die einer künstlerischen oder kunstvermittelnden Tätigkeit nachgehen, um ein Viertel bis mehr als die Hälfte unter jenem ihrer männlichen Kollegen liegt.

Dies ist zum einen durch unbezahlte Care-Arbeit und damit verbundene Mehrfachbelastungen, zum anderen aber dadurch bedingt, dass ihre Werke geringer geschätzt und honoriert sowie seltener publiziert und gefördert werden als die von Autoren. Als Argument wird in der Regel vorgebracht, es werde lediglich die „literarische Qualität“ eines Textes beurteilt. Dieses lässt jedoch die sexistischen Strukturen außer Acht, die unsere gesamte Gesellschaft und damit auch die Kulturlandschaft geformt haben und weiterhin prägen und von denen manche Gruppen profitieren, andere jedoch benachteiligt werden.

Literaturkritik ist ein Machtdiskurs, der vom Geschlecht als gesellschaftlicher Leitdifferenz beeinflusst ist und in dem nicht nur literarische Qualität, sondern auch Werte und Machtpositionen verhandelt werden. Dies ist sowohl quantitativ als auch qualitativ belegbar: Drei Viertel der Rezensionen österreichischer Kritiker befassen sich mit den Texten von Autoren, während bei Kritikerinnen ein weit ausgeglicheneres Verhältnis herrscht, Autoren sogar ein minimaler Vorzug von 2% gegeben wird. Gleichsam werden die Werke von Frauen durch Kritiker anders besprochen als jene von Männern. Nicht nur wird der Fokus dabei häufiger auf außerliterarische Faktoren, wie das Aussehen oder den Beziehungsstatus der Autorin, gelegt, die Rezensionen sind auch dezidiert von misogynen Aussagen durchzogen, welche den Verfasserinnen die Fähigkeit zu schreiben absprechen, ihre Texte lächerlich machen oder Gegenstände weiblichen Schreibens als (für Männer) uninteressant und wertlos hinstellen und minder gewerteten Arten und Gattungen von Literatur zuordnen. Diese Praktiken haben weitreichende Folgen für Autorinnen, deren Werke seltener in prestigeträchtigen Verlagen publiziert oder mit Preisen oder Stipendien ausgezeichnet werden und die in der Regel schlechter erforscht werden, seltener Eingang in Literaturgeschichten finden und in der Folge in Vergessenheit geraten.

In diesem Sinne werden wir als IG feministische Autorinnen gemeinsam mit 3 Partnerinnen*organisationen ein kleines Kooperationsprojekt realisieren, in dessen Rahmen länderspezifische Berichte zur Rezeption und ökonomischen Situation von Autorinnen erstellt, die sexistischen Strukturen und Praktiken im Literaturbetrieb an die Öffentlichkeit getragen und Vorschläge für Maßnahmen zur EU-weiten Verbesserung der Lage von Autorinnen erarbeitet werden. Des weiteren soll eine Leseliste, bestehend ausschließlich aus den Werken von Frauen, für die Länder aller teilnehmenden Organisationen zusammengestellt und veröffentlicht werden, um insbesondere feministischen, sprach- und gesellschaftskritischen Autorinnen zu mehr Sichtbarkeit zu verhelfen. Ziel des Projekts ist es darüber hinaus, die internationale Zusammenarbeit feministischer/literarischer Organisationen zu fördern und ein weites Support-Netzwerk zum Austausch von Erfahrungen und Expertise aufzubauen. Wir freuen uns über Anfragen an support@igfem.at sowie Terminvorschläge für online-Treffen, um über eine mögliche Zusammenarbeit oder Vorschläge bzg. der Umsetzung des Projekts zu sprechen. Mehr Informationen zur ≠igfem und unseren Angeboten sind auf unserer Website zu finden: https://www.igfem.at.

IG feministische Autorinnen
Gerlinde Hacker
Dorothea Pointner

Website: www.igfem.at
E-Mail:
support@igfem.at

Frühjahr 2023: Ausgangssituation und Hintergründe:

Die IG Feministische Autorinnen (≠igfem) engagiert sich für eine feministische Agenda in Literatur, Politik und Öffentlichkeit. Wir sind auf der Suche nach Kooperationspartnerschaften, die zur Realisierung dieses Ziels auf EU-Ebene im Rahmen des Creative Europe Programme (CREA) beitragen wollen.

igfem ist ein 2019 gegründeter gemeinnütziger Verein mit Sitz in Wien. Als Interessensgemeinschaft von und für feministische(n) und gesellschaftskritische(n) Autorinnen sehen wir unsere Aufgabe darin, die im Literaturbetrieb (re-)produzierten, ungleichen Bedingungen, unter denen Frauen schreiben, aufzuzeigen und aktiv Gegenmaßnahmen zu setzen. Zu diesem Zweck betreiben wir feministische Öffentlichkeitsarbeit und fördern den österreichweiten und internationalen Austausch von Autorinnen im Rahmen von Schreib-, Lektüre- und Vernetzungsgruppen, Workshops, Lesungen u.v.m. Bislang war unser Wirkungsbereich auf Österreich und Deutschland beschränkt. Jedoch sind  Maßnahmen zur Gleichstellung der Geschlechter (im Literaturbetrieb und darüber hinaus) auch auf EU-Ebene dringend notwendig. Wir suchen daher nach gleichgesinnten Organisationen, mit denen wir gemeinsam Projekte realisieren und 2024 im Rahmen des Creative Europe-Programms um Förderungen für ein kleines Kooperationsprojekt einreichen können.

Kurzbiografien der Expertinnen

Sandra Folie ist promovierte Literaturwissenschaftlerin und Mitarbeiterin im Projekt „Schwarze Narrative transkultureller Aneignung“ am Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung in Berlin. Ihre Forschungsschwerpunkte im Bereich afroeuropäische Literaturen und Intersektionalität sind eng mit Fragen der Kanonisierung verbunden: Wer wird in welchem Kontext (wie) gelesen und warum (nicht)?

“Durch Leerstellen bei Texten von Frauen, BIPoC und migrantisierten Autor*innen wird Lesenden sehr viel vorenthalten: an Lebensrealitäten, Themen und Perspektiven, aber auch an unterschiedlichen stilistischen Registern und Darstellungsverfahren. Es wird ein schiefer und restriktiver Eindruck davon erzeugt, was gute, kanonische, wertvolle Literatur (nicht) ist. Das Projekt feministische Leseliste setzt hier an, indem bestehende Kanones an österreichischen Schulen kritisch hinterfragt und Vorschläge zu ihrer Verbreiterung gesammelt werden.”

 

Christa Gürtler, geb. 1956, lebt als Literaturwissenschaftlerin, Literaturkritikerin und Literaturvermittlerin in Salzburg, Forschungsschwerpunkt: Österreichische Literatur, Gender Studies, Literatur von Autorinnen u.a. Ingeborg Bachmann, Elfriede Jelinek; zuletzt Mithgin. der fünfbändigen Werkausgabe von Elfriede Gerstl (Droschl Verlag  2012–2017), mit Uta Degner Hgin. von „Elfriede Jelinek: Provokationen der Kunst“ (De Gruyter 2021) und „Gespenstischer Realismus. Texte von und zu Kathrin Röggla“(Sonderzahl 2021), mit Liliane Studer Hgin. des Bandes „Gesammelte Erzählungen“ der Marlen Haushofer Werkausgabe (Bd.6, Claassen 2023).

“In den literarischen Kanon und damit in den Schulunterricht haben es bis heute nur wenige Ausnahmeautorinnen geschafft.  Ich habe mich vor Jahrzehnten an der Universität für eine Leseliste mit zahlreichen Texten von Schriftstellerinnen engagiert. In den Schulen verliert die Literatur immer mehr an Stellenwert, umso wichtiger finde ich Leselisten, die aufmerksam machen auf die vielen weiblichen Stimmen der Literatur in Vergangenheit und Gegenwart.”

 

Beate Hausbichler, geboren 1978 in Reith im Alpbachtal (Tirol), lebt in Wien. Sie hat Philosophie an der Universität Wien studiert und ist seit 2008 Redakteurin bei der österreichischen Tageszeitung DER STANDARD, seit 2014 leitet sie deren frauenpolitisches Ressort dieStandard. 2021 erschien von ihr „Der verkaufte Feminismus. Wie aus einer politischen Bewegung ein profitables Labes wurde“ (Residenz Verlag) und 2022 gab sie gemeinsam mit Noura Maan den Sammelband „Geradegerückt. Vorverurteilt, skandalisiert, verleumdet: Wie die Biografien prominenter Frauen verzerrt werden“ (Kremayr & Scheriau) heraus.

“Erzählungen, die wir sehr jung hören oder lesen, hinterlassen tiefe Spuren in unserem Bewusstsein. Durch eintönige Prinzessinnen- Liebes-, Familien-, Freundschafts- oder Abendeutergeschichten werden Kinder und junge Erwachsene in ihren Möglichkeiten beschnitten und Gefühle ihrem Ausdruck beraubt. Deshalb ist es so wichtig, literarisch mit Kindern früh den Rahmen zu sprengen, um Vielfalt sicht- und spürbar zu machen. Damit sie sie später als gesellschaftspolitische Selbstverständlichkeit verteidigen.”

 

Birge Krondorfer, Mag. a Dr. in, Politische Philosophin und feministisch Tätige. Lehrbeauftragte inter/nationaler Universitäten seit 1990 in den Bereichen Philosophie, Gender -, Kultur-, Politik- und Bildungswissenschaften. Erwachsenenbildnerin, Gruppentrainerin, Moderatorin und zertifiziert in Supervision, Mediation, interkulturellem Training. Inter/nationale Vorträge, Seminare, Publikationen (seit 1986), Herausgaben, Redaktionen in kritischer Perspektive zu Theorien und Praxen der Geschlechterverhältnisse. Konzeption und Organisation diverser Symposien, Konferenzen, Tagungen, Demonstrationen. Mitgründerin (1991) der selbstorganisierten Bildungsstätte Frauenhetz  – Feministische Bildung, Kultur und Politik.

Zudem u.a. Mitgründung der Plattform 20000frauen (2010), dem Verband feministischer Wissenschafter_innen (2000), sowie von IFEB – Initiative Feministische Erwachsenenbildung (2016). Käthe-Leichter-Preis (2009), Goldenes Ehrenzeichen des Landes Wien (2022).

 

Tanja Obex, PhD ist Erziehungswissenschaftlerin und als Universitätsassistentin am Fachbereich Bildungswissenschaften der Musik­pädagogik an der mdw (Universität für Musik und Darstellende Kunst Wien) beschäftigt. Zu ihren Arbeitsschwerpunkten zählen Pädagogisches Ethos, Professionalität von Lehrer*innen, Wis­sens- und Wissenschaftsforschung; Bildung und Dekolonialität; Bildung für nachhaltige Ent­wicklung.

“Mich begeistert das Projekt – die Bereitstellung einer feministischen Leseliste für Lehrpersonen und das Lesen der Werke mit den Schüler:innen lässt Frauen als Literaturschaffende sichtbarer werden und ermöglicht es Lesenden, andere Perspektive einzunehmen. Beides halte ich für notwendig, wenn der Imperativ der Gleichstellung von Männern und Frauen nicht nur eine Hohlphrase bleiben soll.”

 

Julia Pühringer ist Journalistin und Filmkritikerin, denkt, schreibt, fragt gern. Sie schreibt u.a. für tele, Falter, den Standard und die an.schläge. Egal ob im Film, in der Literatur oder anderswo interessiert sie sich brennend für die Frage der Repräsentation der Kunst von Frauen bzw. ihrer Rezeption und Kanonisierung.

Ich würde als Statement gerne die Regisseurin Jutta Brückner zitieren: „Eine Gesellschaft, die kein Interesse hat an den Geschichten, die ihre Frauen zu erzählen haben, verarmt, und ihr Bild von sich selbst ist verzerrt“.

 

Tanja Raich, 1986 in Meran (Italien) geboren, lebt als Lektorin und Autorin in Wien. Tätigkeit als Jurorin, u.a. beim Open Mike, Franz Tumler Preis und Literar Mechana. 2015 initiierte sie eine neue Literaturreihe bei Kremayr & Scheriau mit Fokus auf deutschsprachige Debüts, wo sie bis 2020 als Programmleiterin tätig war. Derzeit leitet sie das Literatur- und Kinderbuchprogramm beim Leykam Verlag. Ihr Debütroman „Jesolo“ (Blessing 2019) wurde für den Österreichischen Buchpreis Debüt sowie für den Alpha Literaturpreis nominiert. 2022 erschienen die von ihr herausgegebene Anthologie „Das Paradies ist weiblich“ (Kein & Aber 2022) und ihr zweiter Roman „Schwerer als das Licht“ (Blessing 2022). Gerade eben ist eine neue Anthologie mit dem Titel „Frei sein“ bei Kein & Aber erschienen. tanjaraich.at

„Ich bin immer wieder erstaunt, wie hartnäckig sich die immerselben Klassiker im Schulkanon halten – Goethe, Fontane, Mann, etc. – obwohl schon seit Jahren gefordert wird, mehr Autor*innen zu lesen. Der Schulkanon geht meiner Meinung nach komplett an den Interessen der Schüler*innen vorbei. Umso mehr freue ich mich jetzt, Teil einer Arbeitsgruppe zu sein und einen neuen feministischen Kanon zu erarbeiten.“

 

Claudia Sackl, MA MA, ist wissenschaftliche Assistentin am ISEK – Populäre Kulturen an der Universität Zürich und Lehrbeauftragte am Institut für Germanistik der Universität Wien. Von 2017 bis 2023 war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der STUBE– Studien- und

Beratungsstelle für Kinder- und Jugendliteratur tätig, von 2019 bis 2023 leitete sie die Literarischen Kurse und gab dort den «Fernkurs für Literatur» heraus. Ihre Forschungsschwerpunkte sind multimodale und transmediale Erzählformen (insbesondere Bilderbuch und Spoken-Word) sowie Postcolonial Studies, Critical Race Theory und deren

Intersektionen mit Gender Studies, Queer Theory und Ecocriticism. In ihrem Promotionsprojekt forscht sie zu zeitgenössischen deutsch- und englischsprachigen afrodiasporischen Literaturen.